Die Angst vor einem Zahnarztbesuch ist in Österreich immer noch weit verbreitet. Zahnärzte haben in ihrer Praxis daher immer wieder mit Patienten zu tun, die unter einer ausgeprägten Zahnarztangst leiden. Eine Behandlung kann dabei sowohl für Sie als auch für Ihre Patienten zu einer Herausforderung werden.
Denn für Angstpatienten oder besonders schmerzempfindlichen Personen ist ein Besuch beim Zahnarzt mit erheblichem Stress verbunden. Die Beschwerden reichen dabei von leichter Anspannung bis hin zu regelrechten Phobien. Viele Patienten vermeiden daher aus Angst notwendige zahnärztliche Therapien mit häufig weitreichenden Folgen für die Zahngesundheit. Doch das muss nicht sein!
Beruhigende Behandlungsmethoden schaffen Abhilfe
Mittels einfühlsamer und beruhigender Behandlungsmethoden – wie der Sedierung – kann ängstlichen und schmerzempfindlichen Patienten der Zahnarztbesuch erheblich erleichtert und die Angst vor zukünftigen Behandlungen genommen werden. Wenn es Ihnen gelingt, die Bedürfnisse Ihrer Patienten empathisch zu erfüllen und Ihre Angst zu lindern, dürfen Sie sich bestimmt über dankbare Stamm-Patienten und ihre Weiterempfehlungen freuen.
Wie Sie als Zahnarzt – unabhängig vom Einsatz von Sedierungsverfahren – mit Angstpatienten umgehen können, haben wir im Interview Mehr Patienten-Compliance bei Angstpatienten – aber wie? mit Psychotherapeutin Niccola Liedl erfragt.
Was ist eine Sedierung beim Zahnarzt?
Das Wort Sedierung leitet sich vom Lateinischen „sedare“ ab und bedeutet so viel wie „beruhigen, besänftigen, hemmen“. In der Medizin bezeichnet man damit eine pharmakologisch induzierte Betäubungsmethode, um Funktionen des zentralen Nervensystems zu dämpfen, ohne dass der Patient sein Bewusstsein verlieren muss.
Diese Art der „sanften Narkose“ kann auch in Ihrer Praxis zum Einsatz kommen. Sie hilft Angstpatienten dabei, Zahnbehandlungen stress- und schmerzfreier zu überstehen. Denn Patienten fallen bei einer Sedierung in einen Zustand reduzierter Wachsamkeit, der die Schmerzschwelle erhöht und ihre Fähigkeit beeinträchtigt, sich an den Eingriff zu erinnern. Ihre Patienten fühlen sich demnach entspannter.
Welche Formen der Sedierung gibt es?
In der Zahnmedizin reicht das Spektrum der medikamentösen Schmerzausschaltung von der gezielten Lokalanästhesie über die Sedierung bis hin zur Allgemeinanästhesie. Während der Patient bei ersterer bei vollem Bewusstsein ist, verliert er dieses bei letzterer vollständig. Innerhalb der Sedierung unterscheidet man wiederum zwischen vier verschiedenen Tiefen – je nach Einschränkung des Bewusstseins. Die Übergänge sind dabei fließend.
- Minimale Sedierung (Anxiolyse): Der Patient ist entspannt und reagiert gänzlich normal. Protektive Reflexe, Spontanatmung sowie Herz-Kreislauf-Funktionen sind unverändert, während die kognitiven Fähigkeiten leicht eingeschränkt sein können.
- Moderate Sedierung: Der Patient ist schläfrig, kann jedoch aufgeweckt werden und reagiert auf Ansprache. Schutzreflexe, Spontanatmung sowie Herz-Kreislauf-Funktionen sind normal. Die Atemwege müssen nicht gesichert werden.
- Tiefe Sedierung: Der Patient befindet sich im Tiefschlaf und ist nur durch Schmerzreize erweckbar. Die Spontanatmung und Schutzreflexe sind häufig eingeschränkt. Eine Atemwegssicherung ist mitunter erforderlich.
- Allgemeinanästhesie: Hier befindet sich der Patient im Stadium der Bewusstlosigkeit. Bewusstsein, protektive Reflexe und Schmerzempfinden sind aufgehoben, eine Atemwegssicherung ist unbedingt erforderlich.
Welche Vorteile bietet die Sedierung beim Zahnarzt?
Sedierungsverfahren bieten die Möglichkeit, auch bei Patienten mit ausgeprägter Behandlungsangst, die unter Angstsymptome wie Zittern oder Herzrasen leiden, zahnärztliche Routinebehandlungen sowie invasivere Eingriffe durchzuführen. Tatsächlich sind solche Symptome auch durchaus ernst zu nehmen.
Angst und Stress, wie sie mitunter durch zahnärztliche Behandlungen hervorgerufen werden, können bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen aufgrund von stressinduzierten sympathikotonen Reaktionen tatsächlich zu Behandlungsrisiken führen.
Studien haben gezeigt, dass der systolische und diastolische Blutdruck von Angstpatienten unter Anwendung von Sedativa im Gegensatz zur Anwendung von Lokalanästhesie nahezu unverändert blieb. Darüber hinaus bietet eine Sedierung weitere Vorteile:
- erhöht die Schmerzschwelle
- erhöht die Kooperationsfähigkeit von Patienten bei umfangreichen und invasiven zahnärztlichen und chirurgischen Eingriffen
- protektive Reflexe und Spontanatmung bleiben bei der minimalen und moderaten Sedierung erhalten
- Herz-Kreislauf-Funktionen bleiben stabil
Sedierung in der Ordination
Sedierungsverfahren gewinnen in der Praxis als Alternative zur Narkose für komplexe zahnärztliche und chirurgische Eingriffe zunehmend an Beliebtheit. Die Anwendung einer Narkose ist mit einem relativ hohen wirtschaftlichen, organisatorischen, personellen und apparativen Aufwand verbunden, der außerhalb einer Klinik schwierig zu erfüllen ist.
Zwar erfordern auch Sedierungsverfahren die Bereitstellung von geschultem Fachpersonal und passenden Räumlichkeiten mit der richtigen Ausstattung, dennoch sind die Voraussetzungen in einer ambulanten Praxis in diesem Fall leichter umzusetzen.
Mögliche Kontraindikationen abklären
Um eine Sedierung sicher durchführen zu können, ist die Erhebung der umfassenden Krankengeschichte des Patienten unumgänglich. Daher sollten im Vorfeld ein klärendes Anamnesegespräch und eine umfassende Untersuchung des Patienten stattfinden, in der neben der Blutdruck- und Pulsmessung sowie Klassifizierung der Atemwege auch mögliche Allergien und eine Aufstellung der aktuellen Medikation besprochen werden. softdent bietet praktische Tools wie zum Beispiel die digitale Anamnese, die derartige Vorgänge beschleunigen und lückenlos dokumentieren.
Wenn keinerlei Kontraindikationen vorliegen, verläuft eine Sedierung im Normalfall komplikationsfrei. Das Monitoring des Patienten, das von einem nicht in den Behandlungsvorgang involvierten Mitgliedes Ihres Teams vorgenommen wird, ist natürlich Pflicht.
Fazit zur Sedierung in der Zahnmedizin
Während im Rahmen einer Lokalanästhesie lediglich eine reine Ausschaltung des Schmerzempfindens erreicht werden kann, diese aber gerade bei Angstpatienten zu keinerlei Entspannungszustand führt, haben Sedierungsverfahren unter folgenden Kriterien Vorteile:
- Art und Umfang des Eingriffs sowie Behandlungsdauer
- Verhalten des Patienten vor dem Eingriff, das Angst und Anspannung erkennen lassen
- Behandlungsrisiken für den Patienten, die sich durch Angst und Stresssituationen ergeben können
Aufgrund der guten Steuerbarkeit und Dosierung der Sedativa gewinnt in Praxen zur Durchführung umfangreicher zahnärztlicher und chirurgischer Eingriffe zunehmend die moderate Sedierung an Bedeutung. Sie ermöglicht zahnärztliche Behandlungen ohne Angst und Stress.
*Ausschließlich zum Zweck der leichteren Lesbarkeit wird auf diesem Blog das generische Maskulinum verwendet. Hiermit sprechen wir ausdrücklich alle Geschlechteridentitäten ohne wertenden Unterschied an.