Zahngesundheit erhalten bei Patienten mit Essstörungen

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Essstörungen wie Bulimie und Magersucht werden leider bei jungen Menschen immer häufiger. Erste Anlaufstelle ist eine medizinische und psychologische Therapie, doch auch der Zahnmediziner ist hier gefragt. Um die Zahngesundheit zu erhalten, hat die Goethe-Universität in Frankfurt im Zentrum für Zahn-, Mund und Kieferheilkunde nun ein eigenes Angebot für Prävention, Beratung und Therapie bei Essstörungen eröffnet.

Essstörungen sind schwerwiegende Krankheiten, die dringend einer Behandlung bedürfen. Insbesondere das Verhältnis zum Essen und der eigene Körper sind dabei gestört. Es existieren verschiedene Ausprägungen von Essstörungen, darunter Magersucht, Bulimie und Binge-Eating-Störung. Häufig treten Essstörungen nicht in reiner Form auf; bei einer Kombination verschiedener Ausprägungen oder dem Fehlen einiger typischer Merkmale spricht man von einer Mischform oder einer „nicht näher bezeichneten Fütter- und Essstörung“. Der Übergang von auffälligem zu krankhaftem Essverhalten verläuft oft schleichend.

Menschen, die im Zuge der Essstörung häufig erbrechen, haben zumeist Probleme mit der Zahngesundheit. Hier ist der Zahnarzt gefordert, den Patienten dabei zu unterstützen, die Zähne zu schützen und zu erhalten. Die Ursache: Durch häufiges Erbrechen ist der pH-Wert in der Mundhöhle über einen längeren Zeitraum hinweg sauer, die Zähne verlieren nach und nach ihre Mineralien. Dabei können sich Verfärbungen und Vertiefungen an den Zähnen bilden, die Zähne können empfindlicher werden. Bei dauerhaftem Säureangriff auf die Zahnhartsubstanz verändert sich unter Umständen die Form des Zahns – mögliche Folgen sind Schmerzen und Karies. 

Was sind die häufigsten Zahnschäden bei Essstörungen?

Die Auflösung der Zahnoberfläche durch Säure stellt die vorherrschende Form von Zahnschäden bei Bulimiepatienten dar. Die ersten Anzeichen können bereits nach sechs Monaten einer Essstörung sichtbar werden. Durch Abnutzungserscheinungen auf den Rückseiten der Frontzähne oder den Verlust von Zahnschmelz können Zahnärzte oft die ersten Anzeichen einer Bulimie erkennen. Ungefähr 70% der Betroffenen leiden an Erosionen, insbesondere an den Rückseiten der Zähne. Weitere Schäden und Symptome umfassen:

  • erhöhte Empfindlichkeit der Zähne gegenüber warmen und kalten Speisen, Säure sowie Süßigkeiten
  • sekundärer Tiefbiss
  • abgerundete Zahnkonturen und der Verlust des okklusalen Reliefs
  • Mundgeruch durch Magensäure und Nahrungspartikel, die während des Erbrechens in den Mund gelangen (Halitosis)
  • ausgedünnte und verkürzte Schneidekanten der Frontzähne, wodurch sie durchscheinend oder transparent erscheinen
  • Zahnfleischentzündungen aufgrund des abnehmenden pH-Werts im Mund, was zu Schmerzen und Zahnfleischrückgang führen kann
  • freiliegende Zahnhälse infolge des zurückgehenden Zahnfleisches, was zu intensiven Schmerzen und Empfindlichkeit führen kann

Goethe-Universität Frankfurt errichtet Anlaufstelle

Durch ein frühzeitiges zahnmedizinisches Eingreifen können Schäden an der Zahnhartsubstanz vorgebeugt und bereits vorhandene Erosionen behandelt werden. Dafür haben Prof. Jan-Frederik Güth, Leiter der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Prof. Stefan Rüttermann, Leiter der Poliklinik für Zahnerhaltung an der Goethe-Universität Frankfurt, eine interdisziplinäre Sprechstunde zur zahnmedizinischen Therapie bei Essstörungen ins Leben gerufen. Ein frühzeitiger Fokus auf den Zusammenhang zwischen Essstörung und Zahngesundheit kann sehr umfangreiche Zahnbehandlungen zu einem späteren Zeitpunkt und damit auch hohe Kosten vermeiden helfen. 

Die Zahnärztinnen Miriam Ruhstorfer und Charlène Bamberg beraten Patienten in zwei Stufen. Zunächst geht es um Diagnostik und Prophylaxe: Hierzu gehört ein Intraoralscan, der die dreidimensionale Analyse der Situation ermöglicht. Ein Mundhygienetraining soll helfen, das Reinigen der Zähne optimal zu gestalten. Und mit Hilfe individuell angefertigter durchsichtiger Schienen können die Zähne geschützt und mit Fluorid gestärkt werden. Die zweite Stufe beinhaltet die Therapie bereits entstandener Schäden an der Zahnsubstanz und falls nötig auch an den Kiefergelenken sowie die zahnmedizinische Kontrolle zur Früherkennung neuer Schäden.

Wie werden durch Essstörungen verursachte Zahnschäden behandelt?

Sie als Zahnarzt sind die erste Ansprechperson für die Zahngesundheit. Im Fokus steht die Kontrolle der durch die Essstörung verursachten Zahnschäden. Je nach Stadium der Zahnerosionen wird die individuell passende Behandlung gesucht. Da der verlorene Zahnschmelz nicht wieder aufgebaut werden kann, reicht das Behandlungsspektrum von Versiegelung über Restauration bis zur Rekonstruktion. Zahnärzte sollten die Patienten über Prävention und weitere Maßnahmen aufklären. Die Patienten sollten nicht direkt nach dem Erbrechen ihre Zähne putzen, sondern zumindest eine Stunde lang warten. Die Magensäure weicht die Zahnsubstanz auf, der Speichel im Mund hat dagegen eine neutralisierende Wirkung. Weiche Zahnbürsten und fluoridhaltige Zahnpasta sowie regelmäßig professionelle Zahnreinigung sind für Menschen mit Essstörungen empfehlenswert. Das Ziel aller Maßnahmen ist, den fortschreitenden Verlust der Zahnsubstanz zu stoppen oder zu verlangsamen. Für die weiteren Facetten dieser Erkrankungen sollten die Patienten psychologische und medizinische Hilfe in Anspruch nehmen.

 

Quelle: Goethe-Universität Frankfurt am Main

* Ausschließlich zum Zweck der leichteren Lesbarkeit wird auf diesem Blog das generische Maskulinum verwendet. Hiermit sprechen wir ausdrücklich alle Geschlechteridentitäten ohne wertenden Unterschied an.

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Bilder: Bildtext: Schwer beschädigte Zähne einer Bulimie-Patientin vor und nach der Behandlung. (Foto: Carolinum)

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