Viele Wege führen nach Rom – einer davon über den Südwesten Kärntens. Und genau dort findet man entlang der bekannten Alpe-Adria-Strecke, die vom Großglockner bis zur Adria führt, zahlreiche Slow Food Travel-Erlebnisse. Kulinarik-Touristen reisen von weit her in die versteckten Täler, hin zu den Menschen und ihren Geschmäckern. Grund genug, um diesen Erlebnissen auch Beachtung zu schenken.
Ein Kurzurlaub in die Welt des Handwerks und der Kulinarik
Die Produktion von qualitativ hochwertigen Lebensmitteln von Beginn an mitverfolgen und selbst mit anpacken? Erleben, wie knusprig köstliches Brot und Gebäck, cremig leichtes Eis oder vollmundiger Honig hergestellt werden? Wo man die besten Kräuter findet oder wie man einen herzhaften Käse produziert?
All das ist in Kärnten, der ersten Slow Food Travel-Region der Welt, möglich. Im Gail-, Gitsch- und Lesachtal, wird dem Produkt Zeit gegeben und sorgsam mit der Natur und ihren wertvollen Ressourcen umgegangen. Einige der Menschen, die hinter den qualitativ hochwertigen Produkten stecken, kann man bei ausgewählten Erlebnissen kennenlernen und ihnen über die Schulter schauen: Vom Lesachtaler Mehl-Hersteller, über den Bauern, der auf glutenfreien Landmais setzt, bis hin zum Betreiber einer Biermanufaktur. Warum also nicht das nächste freie Wochenende im Kalender nutzen, die Familie einpacken und unsere schöne Heimat genauer erkunden?
Auszeit – Ruhe – Genuss: Slow Food Travel
Zurück zu den Ursprüngen unserer Esskultur lautet der Tenor bei den Fans der „Slow Food Travel“-Bewegung. Sämtliche teilnehmende Betriebe setzen auf handgefertigte, zeitaufwändig hergestellte Rohstoffe und Lebensmittel.
Wer sich die Zeit nimmt, den erfahrenen Handwerkern über die Schulter zu schauen, erkennt rasch: Hier steckt viel Wissen und Liebe drin. So wie Sie Ihr Handwerk als Zahnarzt verstehen, so versiert sind die Bäcker, Konditoren, Schnapsbrenner & Co in ihrem Beruf. Sie können bei der Fertigung zusehen und die Herstellung sogar selbst erlernen.
Viele teilnehmende Betriebe bieten eigene Workshops und Koch- bzw. Backkurse an wie zum Beispiel: „Mohnreindling backen mit dem Lesachtaler Schlafmohn“, „Lesachtaler Brot backen“, „Von der Blüte bis zum Lesachtaler Honig“, „Buttermachen auf der Bischofalm“, „Eisherstellung am Bauernhof“, „Kochen und Backen mit Kindern“ u.v.m.
Brot backen wie früher
Wer sich auf die Pfade der Slow Food Travel Route begibt, kommt an der Bäckerei Matitz – die die Ortsansässigen eigentlich nur unter dem Namen „Stieflbäck“ kennen – nicht vorbei. Seit Jahrhunderten ticken die Uhren hier langsamer. Der Name rührt vom Urgroßvater Thomas Steiner her, der einst als kleiner Junge immer über den sogenannten „Stiefl-Zaun“ geklettert ist, der hinter dem Betrieb auf eine Viehweide führte.
Der „Stieflbäck“ übernahm den Betrieb 1902 vom Dorfbäcker, heute wird er in vierter Generation von Thomas Matitz und seiner Frau Angelika geführt. Mehr als 100 Jahre später hat sich an einigen Rezepturen jedoch nicht viel geändert. Der Original Gailtaler Landmais-Reindling wird heute noch genauso zubereitet wie vor 150 Jahren. Täglich wird er händisch geknetet, ebenso wie der daraus entwickelte Hanfsamenreindling mit geschroteter Bio-Hanfsaat.
Slow Food: gut, sauber und fair
„Die Köstlichkeiten sollen den vollen Geschmack entfalten, die Landwirte für die aufwendige Arbeit und die hohe Qualität der produzierten Lebensmittel entsprechend bezahlt werden. Und ein weiteres wichtiges Kriterium ist der gewissenhafte Umgang mit den Ressourcen“, so die Kriterien, die ein Slow Food Travel Betrieb erfüllen muss.
Die authentische Art zu Backen und zu Leben zieht Jahr für Jahr mehr Menschen an. Die Route durchs Gail-Gitsch-Lesachtal ist Teil der mehrfach ausgezeichneten Slow Food Travel Region. Bei hauseigenen Back-Kursen wird von der Familie Matitz jahrhundertealtes Wissen weitergegeben
Wo Sie den Bohrer gegen das Nudelholz tauschen können
Ähnlich beliebt sind auch die Nudel-Workshops der Slow Food Köchinnen Ingeborg und Gudrun Daberer im Gasthof Grünwald in St. Daniel (Dellach im Gailtal). Bei Nudl-Kudl-Mudl kommen auch Mehlspeisfans auf ihre Kosten – schließlich kann man die original Kärntner „Nudln“ – die den meisten nur herzhaft bekannt sind – auch süß füllen: Wie wäre es mit Orangen-Kastaniennudl, Schwarzer Ribiselnudl, Kletzennudl, Apfelnudl, Marillen-Safrannudl, Nussnudl, Mohn-Nougatnudl, Grantnnudl oder Lebkuchennudl?
Doch das sogenannte „Krendeln“, ein alter Brauch des kunstvollen Nudelverschließens mit kunstvoller Verzierung wie gehäkelte Spitzen, will gelernt sein. Über Generationen wurde diese Technik in Kärnten von Müttern an die Töchter weitergegeben. Man kann getrost von der hohen Kunst des Krendelns sprechen! Doch gutes Aufpassen lohnt sich: Denn nach Kärntner Brauchtum gilt – nur, wer ordentlich krendeln kann, ist heiratsfähig! Ausgebacken werden die süßen Nudeln dann natürlich in Butterschmalz – gemäß dem Sprichwort: „Der Bua, der sei Dirndle beim Tanzen net halst, ist grod wie die Bäuerin, dö die Nudeln net schmalzt.“
Entschleunigung in der Natur als nachhaltiges Urlaubserlebnis
Abseits der kulinarischen Erlebnisorte ist der wahre Held die Natur. Die Landschaft der Karnischen und Gailtaler Alpen gehört zu den ursprünglichsten Alpenregionen. Sei es im Geopark "Karnische Alpen", der über 500 Millionen Jahre Erdgeschichte erlebbar macht, oder in der Natur inmitten blühender Almwiesen hoch über dem Lesachtal auf der Mussen oder in den tief eingeschnittenen Klammen der südlichen Kalkalpen im Gailtal - hier ist Entschleunigung angesagt!
Als Auszeit vom stressigen Arbeitsalltag als Zahnarzt, Familienerlebnis oder einfach nur Balsam für die Seele – das Gute liegt oft näher als man denkt. Weitere Infos und Programme der aktuellen Slow Food Travel Erlebnisse sind unter www.slowfood.travel zu finden.
* Ausschließlich zum Zweck der leichteren Lesbarkeit wird auf diesem Blog das generische Maskulinum verwendet. Hiermit sprechen wir ausdrücklich alle Geschlechteridentitäten ohne wertenden Unterschied an.